Für Stähle gibt es zwei unterschiedliche Arten des Bezeichnungssystems:
1) Bezeichnung nach Kurznamen – DIN EN 10027-1
2) Bezeichnung nach Nummernsystem – DIN EN 10027-2
1) Bezeichnung nach Kurznamen – DIN EN 10027-1
Innerhalb des Bezeichnungssystems mit Kurznamen (nach DIN EN 10027-1) wird wiederum in zwei Hauptgruppen unterschieden. In der Hauptgruppe 1 können aus der Bezeichnung der Stähle mechanische oder physikalische Eigenschaften herausgelesen werden. Die Kurznamen für Stähle in der Hauptgruppe 2 geben Aufschluss über die chemische Zusammensetzung.
1a) Hauptgruppe 1
- Bezeichnung entsprechend der mechanischen oder physikalischen Eigenschaften des Stahls.
Der erste Buchstabe gibt im Kurznamen des Stahls den Verwendungszweck an, die darauf folgende Zahl gibt die Mindeststreckgrenze in N/mm2 an. Am Ende des Kurznamens kann ein Zusatzsymbol stehen, dass auf weitere Eigenschaften hinweist.
Art des Stahls | Kennzeichnung | Eigenschaft |
Stahl für allg. Stahlbau | S | Mindeststreckgrenze Re in N/mm2 |
Stahl für Druckbehälterbau | P | |
Stahl für Rohrleitungen | L | |
Stahl für den Maschinenbau | E | |
Betonstahl | B | |
Schienenstähle | R |
Zusatzsymbole
Gütegruppe: Kerbschlagzähigkeit in Joule z.B. bei 20°C |
Desoxydationsarten: G1 = unberuhigt vergossener Stahl |
Eignung: C = gut kaltumformbar |
Besondere Anforderungen: +F = Feinkornstahl +Z 25 = Mindest-Brucheinschnürung 25% |
Art des Überzugs: +OC = organisch beschichtet |
Behandlungszustand: +A = weichgeglüht |
Es gibt noch viele weitere Zusatzsymbole für Stähle, die jedoch den Rahmen dieses Werkstofftechnik-Skriptes sprengen würden.
Beispiele:
S235JR
- Einsatzgebiet: Stahl für Stahlbau
- Mindeststreckgrenze: 235 N/mm2
- Kerbschlagzähigkeit: 27 J (bei 20°C)
E360C
- Einsatzgebiet: Maschinenbau
- Mindeststreckgrenze: 360 N/mm2
- gut kaltumformbar
1b) Hauptgruppe 2
- Bezeichnung entsprechend der chemischen Zusammensetzung des Stahls.
Bei der Bezeichnung für Stähle in der Hauptgruppe 2, die sich nach der chemischen Zusammensetzung des Stahls richtet, existieren unterschiedliche Formen für unlegierte, legierte und hochlegierte Stähle sowie für Schnellarbeitsstähle.
Unlegierte Stähle
Unlegierte Stähle werden mit dem Buchstaben C für Kohlenstoff gekennzeichnet, gefolgt vom Kohlenstoffgehalt mit 100 Multipliziert. Unlegierte Stähle besitzen einen mittleren Mangangehalt unter 1%.
Auch hier werden die Zusatzsymbole wie bei der Hauptgruppe 1 verwendet.
Art des Stahls | Kennzeichnung | Chemische Zusammensetzung |
Unlegierter Stahl Mn-Gehalt < 1% |
C | Mittlerer Kohlenstoffgehalt x 100 |
Beispiele:
C15 => unlegierter Stahl mit 0,15% Kohlenstoffgehalt
C20C => unlegierter Stahl mit 0,2% Kohlenstoffgehalt, gut kaltumformbar
Legierte Stähle und hochlegierte Stähle
Bei legierten Stählen wird an erster Stelle der Kohlenstoffgehalt multipliziert mit dem Faktor 100 angegeben (ohne den Buchstaben C wie bei unlegierten Stählen). Danach folgen die chemischen Kurzzeichen für die Legierungselemente, dann die Massegehalte der Legierungselemente, die multipliziert mit unterschiedlichen Faktoren angegeben werden.
Multiplikatoren für Legierungselemente:
Faktor 4: Cr, Co, Mn, Ni, Si, W
Faktor 10: Al, Be, Cu, Mo, Nb, Pb
Faktor 100: Ce, N, P, S, C
Faktor 1000: B
Von hochlegierten Stählen spricht man, wenn der Masseanteil der Legierungselemente bei mindestens 5% liegt. Hochlegierte Stählen werden mit einem X im Kurznamen gekennzeichnet. Das X steht an erster Stelle, dann folgt der Kohlenstoffgehalt multipliziert mit dem Faktoren 100, dann die anderen Legierungselemente mit ihrem chemischen Kurzzeichen. Als letztens folgen die Masseanteile der Legierungselemente, die bei hochlegierten Stählen mit dem Faktoren 1 multipliziert werden. Die Legierungselemente werden in der Reihefolge ihrer Masseanteile aufgeschlüsselt, beginnend beim höchsten.
Art des Stahls | Kennzeichnung | Chemische Zusammensetzung | |
Legierte Stähle Mn-Gehalt < 1% |
ohne | Mittlerer Kohlenstoffgehalt x 100 | Legierungselemente nach Menge geordnet x Faktor |
Hochlegierte Stähle mind. 5% Masseanteil Legierungselemente |
X | Mittlerer Kohlenstoffgehalt x 100 | Legierungselemente nach Menge geordne |
Zusatzsymbole
E oder R | für Begrenzung des Schwefelgehaltes |
S | geeignet für Federn |
Schnellarbeitsstähle
Schnellarbeitsstähle haben ein besonderes Bezeichnungssystem. Bei ihnen steht an erster Stelle die Kennzeichnung HS, gefolgt von den Masseanteilen der Legierungsbestandteile in der festen Reihenfolge W, Mo, V, Co. Die Masseanteile der Legierungsbestandteile werden hier in ganzen gerundeten Zahlen angegeben.
Einsatzgebie | Kennzeichnung | Chemische Zusammensetzung |
Schnellarbeitsstähle | HS | Masseanteile der Legierungselemente W, Mo, V, Co (Faktor 1) |
2) Bezeichnung nach Nummernsystem – DIN EN 10027-2
Das zweite Bezeichnungssystem für Stähle ist das Nummernsystem. Das heißt, dass jeder Stahl neben seinem Kurznamen auch durch seine Nummer definiert werden kann.
Die Nummer besteht aus drei Teilen:
- Der Werkstoffhauptgruppennummer, die für Stahl 1 ist,
- der Stahlgruppennummer (zweistellig), an der man erkennen kann, um welche Art von Stahl es sich handelt (unlegiert, legiert, Grundstahl, Qualitätsstahl, Edelstahl) und
- der Zählnummer (vierstellig, wobei die letzten beiden Stellen gegenwärtig nicht genutzt werden).
Beispiel:
Werkstoffnummer: 1.0037 => Kurzname: S235JR
In der folgenden Tabelle sind die Nummern für die unterschiedlichen Stahlgruppen aufgezählt.
Stahlgruppennummern | |||
Unlegierte Stähle | Legierte Stähle | ||
00, 90 | Grundstähle | Qualitätsstähle | |
Qualitätsstähle | 08, 98 | Legierte Stähle mit speziellen physikalischen Eigenschaften | |
01, 91 | Allgemeine Baustähle | 09, 99 | Stähle für unterschiedliche Einsatzgebiete |
02, 92 | Sonstige Baustähle, Rm < 500 N/mm2 | Edelstähle | |
03, 93 | C < 0,12%, Rm < 400 N/mm2 | 20 bis 28 | Werkzeugstähle |
04, 94 | 0,12% ≤ C < 0,25% oder 400 N/mm2 ≤ Rm < 500 N/mm2 |
29 bis 31 | - |
05, 95 | 0,25% ≤ C < 0,55% oder 500 N/mm2 ≤ Rm < 700 N/mm2 |
32 | Schnellarbeitsstähle mit Co |
06, 96 | C ≥ 0,55%, Rm ≥ 700 N/mm2 | 33 |
Schnellarbeitsstähle ohne C |
07, 97 | Stähle mit höherem P- oder S-Gehalt | 35 | - |
Edelstähle | 36, 37 | Stähle mit speziellen magnetischen Eigenschaften | |
10 | Stähle mit speziellen physikalischen Eigenschaften | 38, 39 | Stähle mit speziellen physikalischen Eigenschaften |
11 | Bau-, Maschinen- und Behälterstähle mit C-Gehalt < 0,5% | 40 bis 45 | Nichtrostende Stähle |
12 | Maschinenbaustähle mit C-Gehalt ≥ 0,5% | 46 | Chemisch beständige und hochwarmfeste Ni-Legierungen |
13 | Bau-, Maschinen- und Behälterstähle mit speziellen Anforderungen | 47, 48 | Hitzebeständige Stähle |
14 | - | 49 | Hochwarmfeste Werkstoffe |
15 bis 18 | Werkzeugstähle | 50 bis 84 | Bau-, Maschinen- und Behälterstähle nach Legierungselementen geordnet |
19 | - | 85 | Nitrierstähle |
86 | - | 87 bis 89 | Hochfeste schweißgeeignete Stähle, Nicht für Wärmebehandlung bestimmte Stähle |