In diesem Artikel des Dynamik- bzw. Kinetik-Skripts geht es um die Haftreibung. Dabei wird gezeigt wie man die Haftreibung berechnen kann, was sich hinter dem Begriff verbirgt und was der Unterschied zwischen Haftreibung und Gleitreibung ist.
Reibung allgemein
Reibung tritt in der Mechanik* immer dann auf, wenn zwei Gegenstände aufeinanderliegen, rollen oder gleiten. Die Klassifikation der Reibung hängt im Wesentlichen von der Oberflächenbeschaffenheit der Flächen ab, mit denen sich die Körper berühren. Während bei glatten Oberflächen nur geringe Kräfte notwendig sind, damit sich die Körper gegeneinander bewegen, werden bei rauen Flächen bedeutend höhere Kräfte benötigt. Die unter dem Mikroskop sichtbare Rauheit der Flächen ist dafür demnach verantwortlich, dass sich die Gegenstände aneinander festhalten. Nachfolgend wird erklärt, inwiefern sich Haftreibung berechnen lässt.
Darstellung der Reibung zwischen zwei Oberflächen in starker Vergrößerung
Definition der Haftreibung
Haftreibung wird im Bereich der Tribologie oft auch als Ruhereibung bezeichnet. Die wirkenden Kräfte hängen von der Rauheit der Berührungsflächen zweier Körper sowie von der Kraft mit der sie gegeneinanderdrücken ab. Sie äußert sich als Widerstand gegen ein Gleiten oder Rollen. Das heißt also, dass die Bewegung zweier sich berührender Körper gegeneinander erst dann einsetzt, wenn die Haftreibungskraft überwunden ist. Die Haftreibung verhält sich zur Normalkraft (Auflagekraft), welche die Körper gegeneinander drückt, proportional.
Die Haftreibung berechnen
Die Ruhereibung, d. h. die durch die Haftreibung erzeugte Haltekraft FH, hängt sowohl von der Normalkraft FN als auch von der Haftreibungszahl µH ab.
Um die Haftreibung berechnen zu können, muss zunächst eine Proportionalitätskonstante, die sogenannte Haftreibungszahl µH, anhand spezieller Tabellen ermittelt werden. Sie beträgt beispielsweise für Stahl auf Stahl 0,15. Bei Holz auf Holz beträgt der Wert hingegen 0,54.
Tabelle: Typische Werten für die Haftreibung zwischen verschiedenen Werkstoffen
Die Normalkraft entspricht der Anpresskraft, mit der ein Gegenstand auf den Untergrund drückt. Sofern der Gegenstand auf einer geraden Ebene liegt, sind Anpresskraft und Gewichtskraft identisch. Liegt der Körper hingegen auf einer schiefen Ebene, ergibt sich die Normalkraft aus der Multiplikation vom Kosinus des Neigungswinkels und der Gewichtskraft.
Mit folgender Formel lässt sich die Haftreibung berechnen:
FR,Haft,max - maximale Haltekraft in Newton [ N ]
µH - Haftreibungszahl, einheitenlos
F┴ bzw. FN - Normalkraft in Newton [ N ]
FR - Haltekraft [ N ]
Die Haftreibung wird auch als Haltekraft bezeichnet, da sich der Körper in Ruhelage befindet. Er wird quasi durch die Reibung gehalten. Erst beim Überschreiten der maximalen Haltekraft, setzt sich der Körper in Bewegung. Daher wird auch zwischen der Haltekraft und der maximalen Haltekraft unterschieden.
Weil die Proportionalitätskonstante ein experimenteller Wert ist, der aus Tabellen abgelesen wird, lässt sich auch die Haftreibung nicht genau berechnen. Es handelt sich vielmehr um einen Näherungswert. Die Haftreibungskraft ist umso höher, je größer Reibungszahl und Haftreibungskraft sind.
Abgrenzung der Haftreibung zur Gleitreibung
Damit Haftung vorliegt, die sich als Haftreibung berechnen lässt, müssen sich die Gegenstände in Ruhe befinden. Sobald sich ein Gegenstand in Bewegung setzt, geht das System in Gleitreibung über und es gelten andere Gesetzmäßigkeiten. Es wirkt keine Haftreibung mehr, sondern eine sogenannte resultierende Kraft, die den Gegenstand beschleunigt – gegen den Widerstand der Gleitreibung. Zu einer Bewegung kommt es jedoch erst dann, wenn die maximale Haftreibung bzw. maximale Haltekraft überschritten wird. Es existieren sich folgende Zusammenhänge:
FR,max - maximale Haltekraft in Newton [ N ]
µH - Haftreibungszahl, einheitenlos
FN - Normalkraft in Newton [ N ]
FR - Haltekraft [ N ]
FR,G – Gleitreibungskraft µG - Gleitreibungszahl, einheitenlos
Durch die Wechselwirkung von Haftreibung und Gleitreibung entsteht außerdem der sogenannte Stick-Slip-Effekt, der im Maschinenbau zum Beispiel bei Pneumatikzylindern von Bedeutung ist.
Grafische Darstellung des Stick-Slip-Effekts
Haftreibung und Arbeit
Im Unterschied zur Gleitreibung- oder, sofern ein Gegenstand die Möglichkeit zum Rollen hat, zu Rollreibung, wird bei der Haftreibung keine Arbeit verrichtet. Dem zufolge auch keine kinetische Energie oder Wärme erzeugt, so wie das für Reibung gesetzmäßig ist. Deshalb kritisieren viele Physiker Einordnung der Haftung in die Klassifikation der Reibung scharf.
Soviel zum Berechnen der Haftreibung. Mehr über die Berechnung der verschiedenen Arten der Reibung finden Sie im Kinetik-Skript.