Knickkraft & Knickspannung berechnen - Aufgabe
Das Ziel in dieser Aufgabe* ist die Berechnung der kritischen Knickkraft und der kritischen Knickspannung.
Die kritische Knickkraft ist die kleinste mögliche Druckkraft, bei der der Stab knickt. Sie wirkt dabei zentrisch auf den Stab.
Die kritische Knickspannung ist die Spannung, die unter der kritischen Knickkraft entsteht. In diesem Zustand erfährt der Stab eine schlagartige, deutliche Durchbiegung. Dabei befindet sich der Stab auch mit dieser seitlichen Auslenkung in einer Gleichgewichtslage.
Um die kritische Knickkraft berechnen zu können, muss man neben der Geometrie und den Lagerbedingungen auch den Werkstoff und die Querschnittsform des Stabes kennen.
Die Kenntnis über den Werkstoff ist wichtig, da der E-Modul ein Multiplikator in der Berechnungsformel ist. Die Geometrie des Stabquerschnitts fließt über die Berechnung des Flächenträgheitsmomentes ein, welches wiederum in die Berechnungsformel der Knickkraft einfließt. Aus den Lagerbedingungen lässt sich erkennen, welcher Knickfall nach Euler vorliegt. Zusammen mit der Länge des Stabes kann man dann die kritische Knickkraft und die Knickspannung berechnen.
Gegeben
Geometrie des Stabes:
Länge L = 500 mm
Durchmesser D = 5 mm
Querschnitt: kreisförmig
Werkstoff: S235J, 1.0037 (St 37)
Lagerung / Einspannung des Stabs: siehe Zeichnung unten
Gesucht
Kritische Knickkraft Fkrit
1. Berechnung der kritischen Knickkraft
Die Berechnung der kritischen Knickkraft erfolgt durch diese Formel:
E - Elastizitätsmodul
I - axiales Flächenträgheitsmoment des Querschnittes
π - Kreiszahl Pi ≈ 3,1415926...
s - Knicklänge
Was nun berechnet werden muss, sind das axiale Flächenträgheitsmoment des Stabquerschnitts, sowie die Variable s – die Knicklänge. Die restlichen Werte sind bereits bekannt.
Berechnung der Knicklänge s
Die Variable s ist die sogenannte Knicklänge, die sich mit folgender Formel ermitteln lässt:
s - Knicklänge
β - Knicklängenbeiwert (hängt vom vorliegenden Eulerschen Knickfall ab)
L - Länge des Stabes
Welcher Knickfall vorliegt, kann man aus folgender Übersicht ablesen. Vergleichen Sie die vorhergehende Zeichnung mit den zur Auswahl stehenden Eulerschen Knickfällen. In der Übersicht können Sie dann ganz einfach den passenden Knicklängenbeiwert β herauslesen.
In dieser Aufgabe liegt der Fall 1 vor. Für diesen Knickfall ist der Knicklängenbeiwert β = 2.
Die Knicklänge ergibt sich also wie folgt:
Knicklänge: s = β • L = 2 • 500 mm = 1000 mm
Berechnung des Flächenträgheitsmoments
Die Berechnung des Flächenträgheitsmoments des Stabes ist etwas aufwändiger. Hierzu muss man die Querschnittsgeometrie des Stabes kennen und die passende Formel zu Ermittlung* des Flächenträgheitsmoments finden bzw., wenn es sich nicht um ein Standard-Profil handelt, das Flächenträgheitsmoments händisch errechnen.
Der in dieser Aufgabe vorliegende Stab hat einen einfachen kreisförmigen Querschnitt. Das axiale Flächenträgheitsmoment berechnet sich also wie folgt:
I = π/4 • R4
I = π/4 • (D/2)4 = π/4 • (5mm/2)4 = 30,68 mm4
Ergebnis – kritische Knickkraft
Wie haben nun die Knicklänge und das axiale Flächenträgheitsmoment des Stabes ermittelt und können nun alle bekannten Größen in die Formel der kritischen Knickkraft einsetzen.
Das E-Modul E ist ein Werkstoffkennwert und somit bekannt. Für den Stahl S235J beträgt es 2,1 • 105 N/mm2.
Jetzt können wir alles in die Formel einsetzen:
2. Berechnung der Knickspannung
Die Berechnung der Knickspannung gelingt durch folgende Formel:
σk - kritische Knickspannung
π - Kreiszahl Pi ≈ 3,1415926...
E - Elastizitätsmodul
λ - Schlankheitsgrad
Die Kreiszahl Pi und den E-Modul kennen wir, was noch unbekannt ist, ist der Schlankheitsgrad λ.
Berechnung des Schlankheitsgrades
Der Schlankheitsgrad bezieht sich auf die Geometrie und Lagerung des Stabs und kann durch folgende Formel ermittelt werden:
λ - Schlankheitsgrad
β - Knicklängenbeiwert
L - Stablänge
i - Trägheitsradius des Querschnittes
Hier sind wiederum β und L bekannt. Der Flächenträgheitsradius i muss noch bestimmt werden.
Berechnung des Flächenträgheitsradius i
Der Flächenträgheitsradius i ist die Wurzel aus der Flächensteife. Oder umgekehrt: Die Flächensteife ist das Quadrat des Trägheitsradius. Die Flächensteife ergibt sich aus dem Quotienten von Flächenträgheitsmoment I und der Querschnittsfläche A.
I - Flächenträgheitsmoment
A - Querschnittsfläche des Knickstabes
Das Flächenträgheitsmoment haben wir bereits zuvor berechnet. Die Fläche A berechnet man einfach über die Formel für einen Kreisquerschnitt. Somit müssen wir die Werte nur noch in diese Formel einsetzen.
Der Schlankheitsgrad berechnet sich hiermit wie folgt:
Ergebnis - Knickspannung
Die Knickspannung kann nun relativ einfach berechnet werden, da nun alle einfließenden Werte bekannt sind.
Das war nun eine einfache beispielhafte Aufgabe* zur Berechnung von Knickkraft und Knickspannung. Wie Sie sehen, ist es nicht schwierig die kritische Knickkraft und die Knickspannung eines Stabes zu berechnen. Bei anderen Eulerschen Knickfällen müssen Sie zur Berechnung lediglich den passenden Knicklängenbeiwert β verwenden und damit die Knicklänge s ermitteln (unter der Voraussetzung, dass alle anderen Größen gleich bleiben). Dies ist mit Hilfe der Übersicht der verschiedenen Knickfälle jedoch sehr einfach.