Naturkautschuk
Der auch einfach als Kautschuk bezeichnete Naturkautschuk besteht in der Hauptsache aus dem Polymer cis-1,4-Polyisopren. Die Bezeichnung Kautschuk leitet sich vom indianischen "cao" für Baum und "ouche" für Träne ab. Kautschuk ist also die "Träne des Baumes".
Gewonnen wird Naturkautschuk aus Latex, das den Milchsaft des ursprünglich aus Brasilien stammenden und heute in Südostasien verbreiteten Kautschukbaums (Hevea brasiliensis) darstellt. Heute jedoch werden rund 60 Prozent des weltweiten Kautschukbedarfs durch chemisch gewonnenen Synthesekautschuk gedeckt.
Chemischer Aufbau von Kautschuk
Gewinnung und Handel von Naturkautschuk
Die Gewinnung
Der Kautschuk wird vorwiegend aus dem Kautschukbaum gewonnen. Man setzt die Flüssigkeit, die als Milchsaft oder Latex bezeichnet wird, durch Anritzen der Baumrinde frei. Sie wird anschließend in Behältern aufgefangen. Die Gewinnung erfolgt heute hauptsächlich in eigens dafür angelegten Plantagen.
Der Milchsaft des Kautschukbaums setzt sich wie folgt zusammen:
- Wasser: 60-75 %
- Kautschuk: 25-35 %
- Harze: 1,5 bis 2,5 %
- Eiweiße: 1,5 bis 2 %
- Mineralstoffe: 0,5 bis 1 %
Die Handelsform
Der Handel von Naturkautschuk erfolgt sowohl in flüssiger Form als auch in Ballen oder als Pulver. Dabei birgt die flüssige Form den Vorteil der späteren einfachen Mischbarkeit. Man dickt den Baumsaft direkt vor Ort ein und stabilisiert ihn mithilfe von Ammoniak. Auch bei einer Vorvulkanisation bleibt Naturkautschuk flüssig. Indem man die Flüssigkeit zur Gerinnung bringt, erhält man ein festes Material, das anschließend gewaschen, getrocknet und in Form gebracht werden kann.
Sheet-Kautschuk
Eine beliebte Handelsform des Naturkautschuk ist der Sheet-Kautschuk. Hierfür wird der Kautschuk mittels schwacher Ameisen- oder Essigsäure zur Gerinnung gebracht. Danach erfolgt die Bearbeitung in einem Walzwerk, wo ein Band gewalzt wird, das mehrere Millimeter dick und etwa einen halben Meter breit ist. Die letzte Walze prägt zudem ein charakteristisches Muster ein. Traditionelle Formen des Sheet-Kautschuk sind "smoked sheets" und "air dried sheets", also im Rauch bzw. an der Luft getrocknete Bahnen.
Crepe-Kautschuk
Daneben gibt es den sogenannten Crepe-Kautschuk. In diesem Fall erfolgt die Gerinnung mittels Natriumsulfit. Danach läuft der Kautschuk durch geriffelte Walzen und anschließend glatte Walzen. Man unterscheidet zwischen "pale crepes" und "brown crepes", der gewaschenen und ungewaschenen Variante.
Nachdem die Sheets auf etwa einen Meter Länge gekürzt wurden, erfolgt die Trocknung und die Sortierung nach Qualität. Danach werden sie in Ballen zu je etwa 100 kg verkauft.
Standardisierte Verfahren
Am häufigsten wird nach diversen Nationalen Verfahren standardisiert hergestellter Naturkautschuk gehandelt. Unter anderem sind die folgenden Verfahren wichtig: Thai Tested Rubber (TTR), Standard Indonesian Rubber (SIR) und Standard Malaysian Rubber (SMR).
Weltproduktion von Naturkautschuk
Heute sind Thailand, Malaysia, Indonesien, Indien und die VR China die fünf wichtigsten Produzenten von Naturkautschuk. In Afrika sind die wichtigsten Hersteller die Elfenbeinküste, Liberia und Nigeria. Im Jahr 2013 betrug die Weltproduktion auf rund 7,6 Millionen Tonnen Trockengewicht. Der Export belief sich auf rund 80 Prozent. Die Hauptabnehmer sind die USA, China, Japan, Deutschland und Frankreich.
Der chemische Aufbau von Naturkautschuk
Naturkautschuk ist ein Polymerisat. Es besteht aus dem Monomer Isopren und weist eine nahezu einheitliche Struktur mit einer cis-1,4-Verknüpfung auf. Man ordnet es den Polyterpenen zu. Die mittlere molare Masse beträgt 2 Millionen g·mol-1. Sie ist damit sehr hoch.
Chemischer Aufbau von Naturkautschuk aus Isopren mit einer cis-1,4-Verknüpfung
Materialeigenschaften von Naturkautschuk
Ist Kautschuk nicht vulkanisiert, so ist er viskoelastisch. Er verformt sich also unter einer länger anliegenden Kraft dauerhaft und geht nach dem Ende der Krafteinwirkung nicht mehr vollständig in seine Ursprungslage zurück. Dies beruht darauf, dass die Polymere untereinander nicht kovalent verknüpft sind.
Durch die Vernetzung bei der Vulkanisation hat der Kautschuk bzw. das Gummi zwei wichtige Elastizitätsbereiche. Er ist bei tiefen Temperaturen elastisch und kehrt nach Krafteinwirkung vollständig in seine Ursprungslage zurück. Unter höheren Temperaturen hingegen ist das Gummi weiterhin viskoelastisch. Kautschuk und Gummi werden beide unterhalb ihrer Glasübergangstemperatur hart und brüchig.
Viskoelastische Dehnung von Kautschuk aufgrund einer anliegende mechanische Spannung
Im Vergleich zu den meisten synthetischen Varianten ist Naturkautschuk deutlich strapazierfähiger. Daher kommt er unter anderem für Reifenanwendungen mit starken Belastungen, etwa im Baugewerbe, zum Einsatz. Dieser Vorteil kommt durch die scherenindizierte Kristallisation zu Stande. Hierbei handelt es sich um eine spontane, reversible Versteifung des Materials, wenn es mechanisch belastet wird. Herkömmliche PKW-Reifen bestehen aus einer Mischung von Natur- und Synthesekautschuk.
Die Weiterverarbeitung von Naturkautschuk
Man kann sowohl Naturkautschuk als auch synthetischen Kautschuk vulkanisieren. Hierunter versteht man ein Verfahren, bei denen man thermoplastische Natur- oder Synthesekautschuke in elastomere Kunststoffe überführt. Es wird dabei zwischen den Makromolekülen des Kautschuks kovalente Vernetzungen gebildet. So können sich die Moleküle nicht mehr frei zueinander bewegen, woraus ein elastisches Verhalten des Werkstoffs hervorgeht. Die klassische Art der Vulkanisation ist die Umsetzung von Kautschuk mit Schwefel, entwickelt von Charles Goodyear im Jahr 1839.
Rohstoffe und Mischung
Je nachdem, wie er verwendet werden soll, mischt man Kautschuk mit Stoffen wie
- Weichmachern
- verstärkenden Füllstoffen wie Ruß und Kieselsäure
- vernetzenden Mineral- und Pflanzenölen
- Vernetzungschemikalien
- Mittel zum Schutz vor Alterung
- Flammschutzmitteln sowie
- Pigmenten und Farbstoffen
Man kann Naturkautschuk sowohl alleine als auch in Mischungen mit Synthesekautschuk verwenden. Naturkautschuk kann sich bei Kontakt mit UV-Licht oder Fetten auflösen.
Produkte aus Naturkautschuk
Naturkautschuk ist ein überaus vielseitiger Werkstoff und lässt sich zu den verschiedensten Produkten verarbeiten. Nachfolgend einige Beispiele:
- Reifen
- Poren- bzw. Moosgummi
- Bindemittel und Matratzen
- Kondome und Einmal-Handschuhe
- Luftballons und Kaugummirohstoff
- Abgussformen und Motorlager