Thermoplast-Spitzgießen - Funktionsprinzip
Beim Thermoplast-Spritzgießen handelt es sich um das am häufigsten genutzte Verfahren in der formgebenden Kunststoff-Verarbeitung. Es bildet die Grundlage für alle weiteren Spritzgießverfahren.
Funktionsprinzip Thermoplast-Spritzgießen
Plastifizieren per Schnecke
Bis einschließlich 1956 wurden für das Verfahren Kolbenspritzgießmaschinen eingesetzt. Heute sind jedoch sogenannte Schneckenkolbenspritzgießmaschinen in der Kunststoff-Formgebung üblich. Das Funktionsprinzip des Spritzguss-Verfahrens sieht dabei so aus, dass in der Regel Kunststoff-Granulate aus einem Trichter in die Schneckengänge eingezogen werden. Dort werden sie zerteilt und geschert. Hierbei entsteht Friktionswärme, welche in Verbindung mit der Wärme, die durch einen beheizten Zylinder zugeführt wird, für ein relativ homogenes Schmelzen der Kunststoffe. Diese geschmolzenen Kunststoffe sammeln sich dann vor der Spitze der zurückweichenden Schnecke.
Einspritzen in die Kavität
Anschließend folgt die sogenannte Einspritzphase. Während dieser wird die Schnecke rückseitig entweder mechanisch oder hydraulisch unter Druck gesetzt. Die Kunststoff-Schmelze wird dabei unter sehr hohem Druck von etwa 500 bis 2000 bar herausgedrückt. Dabei fließt sie durch die Rückstromsperre, die Düse, die an das Spritzgießwerkzeug angedrückt wird, bzw. eventuell durch ein Heißkanal-System (vor allem bei modernen Serienwerkzeugen üblich) und den Angusskanal in den formgebenden Hohlraum des Spitzgießwerkzeugs. Dieser ist temperiert. Danach wirkt ein reduzierter Druck noch so lange als Nachdruck auf die Schmelze, bis die Anbindung (auch: der Anguss) erstarrt bzw. eingefroren ist.
Entformen und Schussvorbereitung
Durch die Art des Einspritzens mit Nachdruck, kann man der beim Abkühlen entstehenden Volumenreduzierung weitestgehend entgegenwirken und diese ausgleichen. Somit kann die gewünschte Oberflächenqualität sowie die Maßhaltigkeit des Endprodukts gewährleistet werden. Danach beginnt die Schnecke zu rotieren und die Spritzguss-Schussmasse für das nachfolgende Formteil wird vorbereitet. Währenddessen kann das Thermoplast-Formteil im Werkzeug noch abkühlen. Dabei erstarrt die Seele (flüssiger Kunststoff-Kern). Anschließend öffnet das Werkzeug automatisch und das fertige Formteil wird ausgeworfen.
In der Regel wird während des Auswerfens auch der Anguss automatisch entfernt. Spritzgießen ist auch angusslos möglich - hierfür muss der Angusskanal des Werkzeugs entsprechend gestaltet werden. Die ausgeworfenen Formteile werden heute in der Regel durch Handlingsgeräte geordnet abgelegt oder direkt der Weiterverarbeitung zur Verfügung gestellt.
Thermoplast-Spritzguss-Teile
Die Herstellung von Spritzguss-Teilen kann heute mit Gewichten von einigen Milligramm bis hin zu etwa 50 kg schweren Produkten erfolgen. Die für das Spritzgießen verwendeten thermoplastischen Kunststoffe können durch Additive und Füllstoffe für das Spritzguss-Verfahren selbst und für den späteren Verwendungszweck optimiert werden. Unter diesen Füllstoffen befinden sich mitunter besonders harte anorganische Materialien wie zum Beispiel Glaskugeln oder Glasfasern.
Für das Spritzgießen verwendete Kunststoffe und mögliche Endprodukte
Im Fahrzeugbau werden Thermoplast-Spitzguss-Teile aus Polyolefine wie Polypropylen verwendet. Hierbei entstehen zum Beispiel Armaturenbretter oder Stoßstangen. Transparente Kunststoffe wie Plexiglas (PMMA) und Polycarbonat kommen für transparente Produkte wie Rückleuchten oder Scheinwerfer zum Einsatz und können bei Bedarf eingefärbt werden. Für Spielzeuge und Haushaltsgeräte kommen beim Spritzgießen vor allem Polystyrol (PS) und dessen Copolymere (wie z.B ABS = Acrylnitril-Butadien-Styrol) zum Einsatz. Polyamide (PA) sowie Polyoxymethylen (POM) sowie anderen technische Kunststoffe kommen im Maschinenbau und in der Elektrotechnik zum Einsatz. Hierbei werden meist wesentlich geringere Mengen eingesetzt und diese vor allem in hochpreisigen Teilen und Produkten.