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Kerben - Kerbwirkung

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Bei der Berechnung der mechanischen Festigkeit von Tragwerken und anderen Konstruktionen, ist die Kerbwirkung* eine entscheidende Größe. Wie der Name bereits vermittelt, beschreibt die Kerbwirkung die Wirkung von Kerben an Bauteilen.
Der Effekt ist an gekerbten oder eingeschnittenen Körpern zu beobachten, und zwar immer dann, wenn diese auf Scherung, Torsion oder Zug belastet werden. Die Mechanik der Kerbwirkung wird durch zwei Faktoren bestimmt:

  • Die örtliche Spannungskonzentration, auch Beanspruchungserhöhung genannt. Beschrieben wird sie durch die Formzahl αk.
  • Die Stützwirkung. Sie bezieht sich auf die Beobachtung, dass sowohl das Material selbst sowie das konkret vorliegende Abklingverhalten der Spannungskonzentration den Spannungsspitzen entgegenwirken. Auf diese Weise wird die Schädigungswirkung abgemildert. Beschrieben wird die Stützwirkung n durch die Stützziffer (DIN 743:n).

Kerbspannung - Spannungsverlauf

Technische Bedeutung

Häufig ist die Mechanik der Kerbwirkung unerwünscht, denn sie führt zu einer höheren Beanspruchung von Bauteilen in technischen Anwendungen. Um zu verhindern, dass diese Bauteile vorzeitig ihren Dienst versagen, müssen sie daher größer gebaut werden. Die Wirkung einer Kerbe kann aber auch gezielt eingesetzt werden, z.B. in Form einer Sollbruchstelle.

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Mechanik der Kerbwirkung

Die folgenden Bilder veranschaulichen die Mechanik der Kerbwirkung*- eine Erläuterung hierzu finden Sie direkt draunter.

Kerbwirkung
  1. Ausgangslage: Ein nicht belasteter Rundstab von zylindrischer Form.
  2. Eine Zugkraft wirkt längs der Achse an den Enden des Rundstabs. Der Stab verlängert sich. Zeitgleich kommt es an dem Stab zu einer Kontraktion quer zur Zugrichtung (veranschaulicht durch rote Pfeile). Das Ausmaß dieser Querkontraktion wird von der Querdehnungszahl, auch Poissonzahl genannt, beschrieben.
  3. Wenn man an den Rundstab eine Hülse anschweißt (im Bild gelb hinterlegt) und ihn wieder auf Zug belastet, wird sich nichts Wesentliches an der oben beschriebenen Mechanik ändern.
  4. Wäre die gedachte Hülse allerdings stoffschlüssig, also über die Gesamtlänge mit dem Rundstab verbunden, würden sich zusätzliche Spannungen ergeben. Das gleiche gilt, wenn der Zugstab eingekerbt wäre – Sie sehen, dass die angeschweißte Hülse letztendlich nichts andres Darstellt, als eine Kerbe im Stab.
    Die Zugkraft dehnt die im Bild gelb markierten Zonen nicht in Längsrichtung. Aus diesem Grund können sie sich nicht in Querrichtung zusammenziehen. Das grau hinterlegte, die Zugkraft weiterleitende Kernmaterial neigt dazu, sich nach innen zusammenzuziehen (rote Pfeile). Jedoch können die gelb markierten Zonen nicht nachsacken. Stattdessen erzeugen sie eine nach außen gerichtete Querkraft, die die Querkontraktion des Kernmaterials verhindert. Aus diesem Grund – also der Behinderung der Verformung – entstehen die Spannungsspitzen.
    Kerbwirkung
  5. In diesem Bild zur Mechanik der Kerbwirkung* ist die Spannungsverteilung in Form einer Welle dargestellt. Diese Welle wird auf Zug belastet. Es entstehen gleichmäßig verteilte Spannungen über den Gesamtquerschnitt.
  6. Eine dickere Welle wird mit einem Einstich versehen, der den Restquerschnitt auf den gleichen Durchmesser d wie die vorige Welle reduziert. An den Übergangsstellen kommt es dadurch zu einer Spannungsüberhöhung. Die Mechanik der Kerbwirkung reagiert in diesem Fall nicht nur mit längsgerichteten, sondern auch mit quergerichteten Zugspannungen. Also wird das tragende Kernmaterial zusätzlich belastet. Der mehrachsige Spannungszustand löst lokale Spannungsspitzen aus. Schlussfolgerung: Trotz größerer Masse ist die eingekerbte Welle weniger tragfähig als eine schmale Welle ohne Kerbe.

Wenn in Bild 4 der größte Durchmesser D und der kleinste d wäre, würde der mit einer Kerbe versehene Stab durch die Mechanik der Kerbwirkung wie ein Stab einreißen, der über seine Gesamtlänge Durchmesser d hat. Dies geschähe schon bei geringeren Zugspannungen.

Die Wirkung einer Kerbe beeinflussen

Einfluss der Form einer Kerbe

  • Die Form der Kerbe bestimmt die Spannungsüberhöhung.

Eine spitze oder tiefe Kerbe besitzt eine stärkere Wirkung als eine gerundete oder flache Kerbe. Diese Erkenntnis ist für die Konstruktion äußerst interessant. Ein Konstruktions-Tipp heißt hier also ganz klar: Kerben sollten immer verrundet werden! Die Spannung verteilt sich so besser und man kann Spannungsspitzen reduzieren.

Einfluss des Werkstoffs bei Kerben

  • Die lokale Schädigungswirkung hängt vomWerkstoff ab.

Vor allem spröde Werkstoffe reagieren besonders empfindlich auf jede Kerbe. Zähe Werkstoffe mildern Spannungsspitzen mittels plastischer Deformation (Fließen) ab. Lamellares Gusseisen ist von der Beschaffenheit seiner Oberfläche her bereits voller Kerben. Deshalb reagiert es ausgesprochen resistent gegenüber jeder zusätzlichen Kerbe, obwohl sein Gefüge sehr spröde ist.

Einfluss der Belastungsart bei einer Kerbe

  • Entscheidend für die Spannungsüberhöhung und die auftretende Schädigungswirkung einer Kerbe ist auch die Belastungsart.

Es gibt verschiedene einachsige Beanspruchungskonstellationen. Im Fall von einachsigem Zug unterscheidet man zwischen ruhender und schwellender Zugbelastung sowie wechselnder Zug- und Druckbelastung. Außerdem existieren daneben auch mehrachsige Beanspruchungen.
Je nachdem welche Art der Belastung vorliegt, kann die Schädigungswirkung, die durch eine Kerbe verursacht wird, unterschiedlich aussehen.

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