Die Berechnung der Zugspannung
Die Festigkeitslehre geht davon aus, dass sobald ein Stab aus Stahl mit einer definierten Kraft F auseinandergezogen wird, sich diese Kraft gleichmäßig auf jeden einzelnen Quadratmillimeter des Stabdurchmessers A verteilt. Dabei wird die Kraft, die pro Quadratmillimeter übertragen wird, als Spannung σ (mit dem griechischen Buchstaben Sigma) definiert.
Um die Belastbarkeit* eines bestimmten Werkstoffs (z.B. eines bestimmten Stahls) auf Zug zu ermitteln, verwendet man einen Prüfkörper mit einer bestimmten Querschnittsfläche und unterzieht diese Probe einem Zugversuch. Um die spezifische Zugspannung eines Bauteils zu berechnen, verwendet man allerdings die reelle Querschnittfläche des eingebauten Werkstücks.
Zum Zugspannung berechnen wird folgende Formel verwendet:
Spannung = Kraft / Fläche
Das Ergebnis der Berechnung erhält die Einheit N/mm².
Der Index "z" am Formelzeichen "σ" bezieht sich auf die Zugspannung. Ähnlich wie das Zugspannung berechnen funktioniert übrigens auch die Berechnung der Druckfestigkeit. Diese besitzt ebenfalls das Formelzeichen "σ", allerdings mit dem Index "d". Bei der Berechnung ist außerdem zu beachten, dass die Druckfestigkeit σd im Gegensatz zur Zugspannung σz immer ein negatives Vorzeichen erhält.
Beispiel-Aufgabe:
Berechnung der Zugspannung und der Belastbarkeit eines Bauteils in der Praxis
Gegeben ist ein Stab mit einem belastbaren Kernquerschnitt von 8mm. Der Stab besteht aus dem Werkstoff S235JR (alte Bezeichnung St 37). Dies ist ein Stahl mit einer Zugfestigkeit von 370N/mm2. Die Zugfestigkeit ist die Spannung, ab der der Stahl brechen darf.
Fragen:
a) Welche zulässige Zugspannung σzul darf in dem Stab maximal auftreten?
b) Wie hoch darf die Zugkraft maximal sein?
Erläuterung zu der Aufgabe
Sofern es zu ermitteln gilt, wie viel Zug ein Stahl-Bauteil aushalten kann, ohne sich zu verformen oder gar zu brechen, sind vor der Berechnung folgende Informationen wichtig:
1. Was passiert grundsätzlich mit Stahl, sofern man ihn auf Zug belastet?
2. Welche Zugkraft kann der spezielle Stahl, der für das entsprechende Bauteil verwendet wird, überhaupt aushalten?
Die erste Frage lässt sich recht einfach über einen genormten Zugversuch beantworten. Eine genauere Beschreibung des Zugversuchs findet Ihr in folgendem Skript: Zugversuch
Ansonsten verhält sich jeder Stahl zunächst einmal ähnlich elastisch wie eine Zugfeder. Um die Zugspannung zu berechnen, muss man wissen, dass sich die Zugprobe immer im Verhältnis zur einwirkenden Zugkraft verlängert. Das heißt also, dass eine doppelte Verlängerung durch das Einwirken einer doppelten Kraft, eine dreifache Verlängerung durch dreifache Kraft usw. erfolgt. Dieses proportionale Verhalten zeigt sich so lange, bis ein bestimmter Punkt, nämlich die Streckgrenze Re erreicht ist. Nimmt die Belastung weiter zu, kommt es recht schnell zum Bruch des Probestabes. Der am höchsten erreichbare Spannungswert ist in der Festigkeitslehre als Zugfestigkeit mit dem Formelzeichen Rm definiert.
Achtung! Sofern der Spannungswert im Zugversuch ermittelt wurde, erhält er das Formelzeichen R. Beim Zugspannung berechnen, bekommt der Spannungswert das Formelzeichen σ (Sigma).
Während ein eingebautes Bauteil im sogenannten "proportionalen Bereich" nach erfolgter Entlastung immer wieder in seine Ausgangslänge zurückkehrt, ist dies bei einer Belastung über den Spannungswert Re hinaus nicht mehr gegeben. Eine derartige Zugspannung würde eine dauerhafte Verlängerung des Teils hervorrufen. Das wäre bei einem eingebauten Maschinenbauteil äußerst gefährlich und muss unter allen Umständen vermieden werden. Um sich unter Belastung stets in einem ungefährlichen Bereich bewegen zu können, verwenden Techniker bei für das Zugspannung berechnen zusätzlich eine zusätzliche Sicherheitszahl. Diese soll in unserer beispielhaften Berechnung = 2 sein. Das heißt: Der Stahl S235JR (St 37) darf nicht mit höchstens 370 N/mm², sondern mit 370/2 N/mm2, also lediglich mit 185 N/mm² belastet werden, damit die Funktionstüchtigkeit des Bauteiles unter Betriebsbedingungen jederzeit sicher gewährleistet bleibt.
Berechnung von Spannung und Zugkraft
Wie sich aus der obigen Erläuterung ergibt, sind die folgenden Größen gegeben:
Sicherheit S = 2
Zugfestigkeit Rm = 370 N/mm2
Durchmesser d = 8mm
Berechnung der zulässigen Spannung:
Berechnung der maximal zulässigen Zugkraft:
Querschnittsfläche des Stabes:
Diese Aufgabe lässt sich also mit ein paar wenigen Formeln relativ einfach lösen. Sie haben nun gesehen, wie man die Zugspannung berechnen kann und auch die maximale Zugkraft ermittelt. Andere Aufgaben in der Festigkeitslehre können deutlich komplexer sein, doch hat man das Prinzip schon mal verstanden, stellt das bereits die halbe Miete dar.