Werkstofftechnik - Skripte
Die Kategorie Metall im Bereich Werkstofftechnik umfasst allgemeines Wissen und Skripte über Metalle. Dabei geht es vor allem um die Struktur und die Eigenschaften von Metallen. Die hier zusammengestellten Werkstofftechnik-Skripte über Metalle dienen als Grundwissen für die weiterführenden Skripte über Stahl, Eisen und Nichteisenmetalle. Spezielles Know-How über Stahl, Eisen und Nichteisenmetalle findet man in den entsprechenden Kategorien.
Im Maschinenbau haben die Metalle bzw. Legierungen unter allen verwendeten Werkstoffen die größte Bedeutung. Daher behandelt der Bereich Werkstofftechnik zu großem Maße das Thema Metalle – also die Werkstoffe Eisen, Aluminium, Titan, Mangan, Zink, Kupfer etc. und deren Legierungen.
Grund für die große Bedeutung der Metalle im Bereich des Maschinenbaus ist ihre hohe Festigkeit, plastische Verformbarkeit, gute elektrische und thermische Leitfähigkeit und die Möglichkeit, dass man Metalle schmelzen und gießen kann. Im Periodensystem findet man die Gruppe der Metalle links und unterhalb einer Trennungslinie von Bor bis Astat befinden.
Die meisten Eigenschaften der unterschiedlichen Metalle resultieren aus der Art chemischen Bindung, also dem Zusammenhalt der Atome über die metallische Bindung. Kennzeichnend für die metallische Bindung sind die freien Elektronen, die sich im Metallgitter frei bewegen.
Wichtige Eigenschaften von Metallen:
- hohe Festigkeit
- gute plastische Verformbarkeit
- gute elektrische Leitfähigkeit
- gute thermische Leitfähigkeit
- schmelzbar und gießbar
- Recycling
In der Werkstofftechnik werden Metalle gemäß ihrer Dichte in Schwermetalle und Leichtmetalle unterteilt. Auf Basis ihrer Reaktivität (-> Korrosion) kann man die Metalle in Edelmetalle (wenig reaktionsfreudig) und unedle Metalle (reaktionsfreudig) unterscheiden.
Weiteres Spezialwissen über Metalle finden Sie im Bereich Werkstofftechnik und den entsprechenden Kategorien auf dieser Website.
Metalle besitzen eine kristalline Struktur, da sie aus einer Anordnung von Atomen bestehen, die sich periodisch im Raum wiederholen. Man spricht aufgrund dieser geordneten Kristallstruktur auch von der Gitterstruktur von Metallen.
Außerdem besitzt auch beispielsweise Eis und Schneeflocken eine Kristallstruktur.
Die bereits erwähnte Gitterstruktur der Metalle, ist von wichtiger Bedeutung für die Werkstofftechnik und wird immer wieder zur Veranschaulichung und zur Beschreibung der unterschiedlichsten Effekte in der Werkstofftechnik herangezogen. Wichtige Begriffe zur Beschreibung des Raumgitters werden im Folgenden näher erläutert und mit Grafiken veranschaulicht.
Gittergerade:
Eine Gerade innerhalb der Kristallstruktur eines Metalls, auf der Atome in regelmäßigen Abständen liegen.
Gitterebene / Netzebene:
Eine Ebene innerhalb einer kristallinen Struktur, die mit Atomen in regelmäßigen Abständen besetzt ist. Eine Gitterebene besteht aus mehreren Gittergeraden. Die folgende Darstellung zeit eine Gitterebene eines metallischen Kristallgitters.
Raumgitter:
Als Raumgitter wird eine räumliche Betrachtung einer vollständigen Atomanordnung bezeichnet. Dies kann man sich als Stapel mehrerer Gitterebenen oder als einen Würfel vernetzter Atome vorstellen.
Elementarzelle:
Die Elementarzelle ist der kleinste räumliche Baustein einer räumlichen Kristall-/Gitterstruktur. Die Darstellung unten zeigt eine Elementarzelle eines kubisch primitiven Kristallgitters.
Das Wissen über die Kristallstruktur von Metallen ist in der Werkstofftechnik und auch im Maschinenbau von großer Bedeutung, daher sollte man dieses Skript gut verinnerlichen und sich stets vor Augen halten.
In diesem Werkstofftechnik-Skript über Metalle wollen wir uns diese Elementarzelle und ihre unterschiedlichen Erscheinungsformen genauer ansehen.
Bisher wurde die Elementarzelle als Würfel dargestellt, an dessen Ecken je ein Atom sitzt. In Summe also 8 Atome. Dies ist die einfachste Form einer Elementarzelle, es gibt jedoch auch andere Formen. Elementarzellen von Metallen unterscheiden sich in der Anzahl der Atome pro Elementarzelle und der Packungsdichte der Atome. Außerdem können manche Metalle bei verschiedenen Temperaturen unterschiedliche Gittertypen besitzen. Diese Metalle werden als Polymorphe Metalle bezeichnet.
Im Skript über die Kristallstruktur der Metalle wurde bereits der Begriff Elementarzelle beschrieben. Zur Wiederholung: Die Elementarzelle ist der kleinste räumliche Baustein einer räumlichen Kristall-/Gitterstruktur – also in unserem Falle eines Metalls.
Formen der Elementarzellen
a) Kubisch-primtives Gitter = kp
Einfachste Form der Elementarzelle. Hier befindet sich in jedem Eck ein Atom. Im Bild unten sieht man eine Darstellung des kubisch primitiven Gitters.
b) Kubisch-raumzentriertes Gitter = krz
Diese Form der Elementarzelle ist dem kp Gitter sehr ähnlich, mit dem Unterschied, dass in der Mitte des Würfels (also raumzentriert) ein weiteres Atom sitzt. Im Bild unten sieht man eine Darstellung des kubisch-raumzentrierten Gitters.
c) Kubisch-flächenzentriertes Gitter = kfz
Auch das kubisch-flächenzentrierte Gitter ist dem kubisch-primtiven Gitter sehr ähnlich. Hier befindet sich jedoch im Zentrum jeder Fläche ein zusätzliches Atom. Im Bild unten sieht man eine Darstellung des kubisch-flächenzentrierten Gitters.
d) Hexagonal primitives Gitter = hp
Beim hexagonal primitiven Gitter sitzten die einzelnen Atome in den Ecken zweier Sechsecken.
Interessant sind die Auswirkungen dieses Gitteraufbaus auf die Eigenschaften des entsprechenden Werkstoffs (z.B. Graphit C). Denn aufgrund der Tatsache, dass die Bindung der Atome innerhalb einer Schicht stark ist und zwischen den Schichten (wg. des großen Abstandes) vergleichsweise schwach, ist der Werkstoff parallel zu den Schichtebenen leicht zu spalten.
e) Hexagonal dichteste Packung = hdP
Die hexagonal dichteste Packung hat einen ähnlichen Aufbau wie das hexagonal primitive Gitter, allerdings liegen hier weiter drei Atome in Form eines Dreiecks zwischen den beiden Sechseckschichten. Aufgrund dieser Anordnung hat die hdP die dichteste Atomanordnung im Raum. Im Bild unten sieht man eine Darstellung des Gittertyps Hexagonal dichteste Packung.
Berechnung der Atomzahl je Elementarzelle
Wie bereits erwähnt ist eine Kenngröße für die unterschiedlichen Gittertypen von Metallen die Anzahl der Atome je Elementarzelle (Kurzeichen = n).
Die Anzahl der Atome kann man jedoch nicht einfach dadurch ermitteln, indem man die Atome einer einzelnen Elementarzelle zusammenzählt. Schließlich ist die Zelle nur ein Ausschnitt aus einer großen Gitterstruktur. Das bedeutet, dass die Atome der Randflächen einer Elementarzellen zugleich zu der/den angrenzenden Zelle/-n gehören. Ein Eckatom gehört zum Beispiel gleichzeitig zu insgesamt 8 Elementarzellen.
Daher ist die Berechnung der Atome je Elementarzelle nicht ganz so einfach wie es zunächst scheint. Im Folgenden werden die Berechnungen der Atomzahl je Elementarzelle für die unterschiedlichen Gittertypen beschrieben.
a) Kubisch-primtives Gitter = kp
n = 8x1/8 = 1
b) Kubisch-raumzentriertes Gitter = krz
n = 8x1/8 + 1x1 = 2
c) Kubisch-flächenzentriertes Gitter = kfz
n = 8x1/8 + 6x1/2 = 4
d) Hexagonal primitives Gitter = hp
n = 12x1/6 = 2
e) Hexagonal dichteste Packung = hdP
n = 12x1/6 + 2x1/2 + 3 = 6
Berechnung der Packungsdichte
Die zweite Kenngröße für die unterschiedlichen Gittertypen von Metallen ist die Packungsdichte (=PD). Die Packungsdichte berechnet sich wie folgt:
Packungsdichte = ’Volumen der Kugeln innerhalb einer Elementarzelle’ / ’Volumen der Elementarzelle’
Im Folgenden die Packungsdichten für die verschiedenen Gittertypen:
a) Kubisch-primtives Gitter
PD = 0,52
b) Kubisch-raumzentriertes Gitter
PD = 0,68
c) Kubisch-flächenzentriertes Gitter
PD = 0,74
e) Hexagonal dichteste Packung
PD = 0,74
Die bisher beschriebene Kristallstruktur und Gittertypen zeigen die Beschaffenheit eines fehlerfreien Kristalls, einen sogenannten Idealkristall. In der realen Welt der Werkstofftechnik weisen jedoch alle kristallinen Werkstoffe unterschiedliche Fehler auf, die als Gitterfehler bezeichnet werden. Ohne die Fähigkeit eines Metalls Fehler in der Struktur zu besitzen, hätten Metalle auch nicht die uns bekannten (und vorteilhaften) Eigenschaften wie zum Beispiel ihre plastische Verformbarkeit oder Legierbarkeit.
Bei Gitterfehlern von Metallen unterscheidet man in der Werkstofftechnik zwischen
- nulldimensionalen Gitterfehlern,
- eindimensionalen Gitterfehlern,
- zweidimensionalen Gitterfehlern und
- dreidimensionale Gitterfehlern.
1) nulldimensionale Gitterfehler von Metallen
Nulldimensionale Gitterfehler werden auch als Punktfehler bezeichnet und sind Defekte in der Gitterstruktur, die nur die Ausdehnung eines einzelnen Atoms besitzen. Es gibt folgende Punktfehler:
1a) Leerstellen / Gitterlücken
Leerstellen oder auch Gitterlücken sind Fehlstellen im Kristallgitter die von keinem Atom besetzt sind. Die Gitterstruktur des Metalls verformt sich um die jeweilige Fehlstelle herum. Diese Art von Gitterfehler nimmt bei Verformung und Temperaturerhöhung des Metalls zu.
1b) Zwischengitteratom
Das Zwischengitteratom ist ein Gitterfehler, bei dem ein zusätzliches Atom im Gitter eingelagert ist. Das Atomgitter des jeweiligen Metalls wird rund um das Zwischengitteratom aufgeweitet.
1c) Fremdatome
Dieser Gitterfehler zeichnet sich dadurch aus, dass ein fremdes Atom im Grundgitter vorhanden ist. Das Fremdatom kann dabei entweder ein reguläres Atom ersetzten – hierbei spricht man von einem Substitutionsmischkristal, da das Fremdatom ein reguläres substituiert – oder einen Zwischengitterplatz einnehmen – hier ist die Rede von einem Einlagerungsmischkristall, d.h. dass zusätzlich der Fehler eines Zwischengitteratoms vorliegt.
2) eindimensionale Gitterfehler von Metallen
Eindimensionale Gitterfehler werden auch als Linienfehler bezeichnet. Hier ist nicht nur ein einzelner Gitterplatz bzw. ein einzelnes Atom betroffen, sonder eine ganze Gittergerade. Bei den eindimensionalen Gitterfehlern handelt es sich um sogenannte Versetzungen. Hier wird des Weiteren zwischen Stufenversetzungen Schraubenversetzungen unterschieden.
Eindimensionale Gitterfehler sind entscheidend für die mechanischen Eigenschaften des Metalls und daher von großer Bedeutung in der Werkstofftechnik. So haben Versetzungen unter anderem die Eigenschaft sich zu bewegen, was zum Beispiel die plastische Verformbarkeit der Metalle ermöglicht.
2a) Stufenversetzungen
Stufenversetzungen sind Gitterfehler, bei denen eine ganze Gitterlinie innerhalb einer Gitterstruktur irregulär endet. Die parallel verlaufenden Gittergeraden passen sich an diesen Linienfehler an und verformen/verzerren sich, um diesen auszugleichen.
Die folgende Bild zeigt eine schematische Darstellung einer Stufenversetzung.
2b) Schraubenversetzungen
Eine Schraubenversetzung liegt dann vor, wenn der sog. Burgersvektor und die Versetzungslinie parallel zueinander liegen (im Gegensatz zur Stufenversetzung, bei der der Burgersvektor und die Versetzungslinie senkrecht zueinander liegen). Auf die Zusammenhänge zwischen Burgersvektor und Versetzungen wird im Unfang dieses Werkstofftechnik-Skriptes nicht weiter eingegangen.
Eine ausführliche Betrachtung über Versetzungen findet man auf der Website der Uni Augsburg: Versetzungen
3) zweidimensionale Gitterfehler von Metallen
Um das Prinzip der zweidimensionalen Gitterfehler bei Metallen zu verstehen, sollte man wissen, dass Kristallite häufig auch als Körner bezeichnet werden, und dass diese Körner wiederum in Subkörner unterteilt sind.
3a) Korngrenzen
Die Körner und Subkörner entstehen durch Gitterfehler, die man als Korngrenzen bezeichnet. Die Korngrenzen entstehen dadurch, dass zwei Bereiche (Atomgitter) eine unterschiedliche Gitterorientierung besitzen – also in einem unterschiedlichen Winkel zueinander stehen.
Dabei unterscheidet man die Kleinwinkelkorngrenzen mit einer Winkelabweichung von bis zu 10°. Die Kleinwinkelkorngrenzen erzeugen die Subkörner.
Die normalen Korngrenzen werden durch Großwinkelkorngrenzen gebildet. Die Großwinkelkorngrenzen entstehen durch unterschiedliche Gitterorientierungen von mehr als 10°. Außerdem haben hier die Kristallite größere Abstände voneinander (mehrere Atomabstände).
3b) Stapelfehler
Der Stapelfehler ist die Unterbrechung einer regelmäßigen Stapelung von Kristallebenen. Der Stapelfehler führt zur Bildung von Korngrenzen und verhindert somit, dass sich ein Einkristall bilden kann.
3c) Zwillingsgrenzen
Zwillingsgrenzen sind eine Sonderform der Korngrenze, da sich hier zwei Kristalle – das Zwillingspaar – eine Atomreihe als Grenze teilen.
4) dreidimensionale Gitterfehler von Metallen
Dreidimensionale Gitterfehler können auch als Volumenfehler (Inklusionen) bezeichnet werden und sind vollständige Fremdphasen innerhalb eines Kristalls.
4a) Poren
Bei den Poren handelt es sich um Hohlräume (offen oder geschlossen) innerhalb des Metalls, die mit Gas oder Flüssigkeit gefüllt sind.
4b) Einschlüsse
Unter Einschlüssen versteht man feste Fremdphasen innerhalb eines Kristalls.
4c) Ausscheidungen
Bei der Ausscheidung bildet sich die Fremdphase aus dem Kristall selbst heraus, wird sozusagen ausgeschieden.
Die physikalischen Eigenschaften eines Metalls werden zum einen vom Gittertypen des Metalls, aber auch von der Art, der Anordnung und der Zahl der Gitterfehler bestimmt.
Plastische Verformbarkeit der Metalle
Gerade bei der plastischen Verformbarkeit von Metallen spielt die Art des Metallgitters eine bedeutende Rolle. Die plastische Verformbarkeit von Metallen resultiert aus dem Fließverhalten und entsteht durch das Wandern von Versetzungen. (Wenn ein Werkstoff plastisch verformt wird, spricht man in der Werkstofftechnik vom fließen.)
Das Wandern von Versetzungen erfolgt entlang von Gleitebenen. Umso mehr Gleitebenen und mögliche Gleitrichtungen vorhanden sind, desto geringer muss die Spannung (= Kraft auf Fläche) sein, um das Metall zu verformen. Eine große Zahl an Gleitebenen und Gleitrichtungen liegt dann vor, wenn das Gitter des Metalls eine hohe Packungsdichte hat und möglichst symmetrisch aufgebaut ist. Beim kfz-Gitter liegen diese Bedingungen beispielsweise vor.
Hinderlich für die plastische Verformung von Metallen, sind Gitterdefekte und Fremdatome. Sie erschweren das Wandern von Versetzungen.
Weitere Eigenschaften von Metallen, die durch das Metallgitter beeinflusst werden sind:
- Leitfähigkeit für Elektrizität und Wärme
- Wärmedehnung
- Verformbarkeit (Fließverhalten)
- Festigkeitseigenschaften
- Diffusionsvorgänge