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Thermoplast-Schaumspritzgießen (TSG)

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Das Thermoplast-Schaumspritzgießen (kurz TSG) ist eine Sonderverfahren im Bereich des Spritzguss, das bereits seit vielen Jahrzenten eingesetzt wird. Bei dem Verfahren lässt man den thermoplastischen Kunststoff in der Kavität aufschäumen, indem man der Schmelze in der Spritzgießmaschine ein Treibmittel zuführt. Die Kavität wird dabei zunächst teilgefüllt, um dem Kunststoff den nötigen Raum für seine Expansion zu geben, die beim Aufschäumen stattfindet.

Grundprinzip des Thermoplast-Schaumspritzgießens

Beim Spritzgießen dient der Einsatz von Treibmitteln, um Einfallstellen zu vermeiden, dickwandige Formen herzustellen und/oder um Gewicht einzusparen. Dies sind die wichtigsten Vorteile beim Schäumen von Thermoplast.

Vorteile der TSG-Bauteile:

  • Gewichtsreduktion
  • geringere Verzugsanfälligkeit
  • erhöhte Steifigkeit im Verhältnis zum Gewicht
  • weniger oder keine Einfallstellen
  • Verlängerung der Fließweglänge

Vorteile des TSG-Verfahrens

  • geringere benötigte Schließkraft
  • kürzere Zykluszeiten (abhängig von der Wanddicke)
  • reduzierte Schmelzviskosität
  • niedrigerer oder kein Nachdruck
  • niedrigere Schmelz- und Werkzeugtemperatur

Um die angestrebten Ergebnisse zu erzielen, reicht es aus, das Treibmittel dem Kunststoffgranulat in relativ geringen Mengen hinzuzufügen. Dabei ist das Verhältnis zwischen Treibmittel zum Granulat ähnlich anzusetzen, wie die Menge an Farben, die zum Einfärben des Materials benötigt werden.

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Nach dem Hinzufügen des Treibmittels wird es thermisch zersetzt und in gasförmige Bestandteile aufgelöst. Dieser Vorgang bewirkt das Aufschäumen der Schmelze. Um den optimalen Aufschäumeffekt zu erreichen, sollte das Treibmittel nach dem Hinzufügen zur Schmelze so spät wie möglich wirken. So erreicht man, dass die Oberflächen der Formteile gar nicht oder nur unwesentlich durch Effekte des Aufschäumens beeinträchtigt werden.

Beim Einspritzen in ein Werkzeug liegt der Spritzdruck beim Thermoplast-Schaum-Spritzgießen im Schneckenvorraum bei bis zu 2000 bar. Ist das Werkzeug jedoch gut belüftet, herrschen jedoch im Werkzeug selbst, also an der Fließfront, fast ähnliche Druckverhältnisse, wie sie in der Umgebung des Werkzeugs gemessen werden. An der Fließfront entstehen dann Gasblasen, die sich in Fließrichtung dehnen, während die Schmelze ihre Abwälzbewegung ausführt. Dies führt auf der Oberfläche des Werkstücks zu Silberschlieren, die sich grob zum Ende des Fließweges hin ausrichten.

 Thermoplast-Schaumspritzgießen (TSG)
Zwei Verfahren für das Schäumen von Thermoplasten im Spritzguss

Die Treibmittel zum Thermoplast-Schaum-Spritzgießen

Zum Aufschäumen von Kunststoffen beim Thermoplast-Schaum-Spritzgießen werden entweder ausschließlich chemische oder ausschließlich physikalische Treibmittel oder eine Mischung aus chemischen und physikalischen Treibmittelen verwendet. Die dabei eingesetzten Treibmittel sind handelsüblich in Form von Pulver oder als Masterbatches verfügbar.

Chemische Treibmittel

Natriumhydrogencarbonat und Zitronensäurederivat gehören zu den besonders oft verwendeten chemischen Treibmitteln beim Thermoplast-Schaum-Spritzgießen.

Chemische Treibmittel zersetzen sich, während das thermoplastische Kunststoffmaterial aufschmilzt. Dabei setzen die Treibmittel Gase wie Kohlendioxid oder Stickstoff frei. Diese Gase vermischen sich mit der Schmelze. Gleichzeitig entstehen durch die chemische Reaktion feste Zersetzungsrückstände. Je nach Treibmittel können diese Rückstände das Prozessergebnis negativ beeinflussen. Um solche unerwünschten Ergebnisse zu vermeiden, müssen die Treibmittel vor ihrer Verwendung prozessverträglich ausgewählt werden.

Während des Einspritzvorgangs in das Werkzeug ist das Gas dem Einfluss von Wärme und Druck ausgesetzt, so dass es expandiert. Will man dann die der Schmelze hinzugefügten Additive möglichst homogen im Material verteilen, ist der Einsatz von speziell für diesen Fall ausgelegten Schnecken erforderlich. Dabei ist es meistens möglich, diese speziellen Schnecken in Standardzylindern zu verwenden.

Physikalische Treibmittel

Die Wirkungsweise physikalischer Treibmittel unterscheidet sich von der chemischer Treibmittel dadurch, dass keine Zersetzungsreaktion stattfindet. Deshalb entfallen bei Verwendung physikalischer Treibmittel Zersetzungsrückstände, wie sie bei beim Einsatz chemischer Treibmittel anfallen.

Die Ladung der Polymerschmelze erfolgt beim Thermoplast-Schaum-Spritzgießen mit physikalischen Treibmitteln indirekt durch Zuführung von Treibgas. Dabei setzt man für das Beladen eine Gasdosierstation ein. Deren Leistungsfähigkeit richtet sich nach den Gasmengen, die im Polymer gelöst werden sollen.

Physikalisches TSG nach dem MuCell-Verfahren

Beim Schaumspritzgießen nach dem MuCell-Verfahren führt man der thermoplastischen Kunststoffschmelze eins der inerten Gase Stickstoff oder Kohlendioxid zu, um sie dann im Schmelzezylinder zu einer Einphasenlösung zu mischen. Wird diese Einphasenlösung in das Spritzgießwerkzeug eingespritzt, fällt der auf das Gemisch ausgeübte Druck ab. Dieser Druckabfall führt dazu, dass die größeren im Werkstück enthaltenen Gasblasen nukleieren und so im Material große Mengen kleinster Zellen entstehen. Im weiteren Verlauf expandieren diese kleinen Gasblasen – der Thermoplast schäumt auf und verfestigt sich. Die so entstandenen, mit Gas gefüllten Zellen ersetzen ein definiertes Volumen an Kunststoff, was die Dichte des Materials reduziert.

 Zellen nukleieren - MuCell-Verfahren
Schematischer Prozessablauf beim MuCell-Verfahren

Die Anlagentechnik des MuCell (auch Cellmould) TSG beinhaltet eine Gas-Dosiereinheit für die Treibmittel-Förderung, Vorratstanks für das Treibmittel (CO2 oder N2), Gas-Injektoren, die das Treibmittel in die Spritzgießmaschine einbringen und eine spezielle Schnecke mit einem dynamischen Mischer für das Einmischen des Treibmittels in die Thermoplast-Schmelze. Die folgende Grafik zeigt den Aufbau einer MuCell-Anlage.

 Aufbau MuCell-Anlage
Aufbau einer MuCell-Anlage

Physikalisches TSG nach dem ProFoam-Verfahren

Im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes hat das Unternehmen Arburg gemeinsam mit dem IKV ein Beladungsprinzip für physikalisches Thermoplast-Schaum-Spritzgießen entwickelt. Nach diesem ProFoam-Verfahren wird der Kunststoff noch im Festkörperzustand unter eine Treibmittelatmosphäre gesetzt, indem zwischen Materialtrichter und Plastifizieraggregat eine Druckkammerschleuse installiert wird. Der Kunststoff wird in der Druckkammerschleuse durch Diffusions- und Mischvorgänge mit dem Treibfluid beladen.

 Aufbau ProFoam-Anlag
Aufbau einer ProFoam-Anlage

Das ProFoam-Verfahren zum Thermoplast-Schaum-Spritzgießen bringt Vorteile sowohl für die Anlagentechnik, als auch die Verfahrenstechnik. So erfordert das ProFoam-Verfahren anders als bei den bisher bekannten Verfahren zur Einbringung von Stickstoff und Kohlenstoffdioxid in die Schmelze nur geringe anlagentechnische Modifikationen. Dieses besondere Verfahren zur Treibmittelbeladung verringert die Viskosität des Materials. Deshalb erfordert der Prozess lediglich den Einsatz einer Standardschnecke und erlaubt auch die Verarbeitung von scherempfindlichen Kunststoffen.

Quellen: 

  • PDF: „Thermoplast-Schaum-Spritzgiessen (TSG)“ Fraunhofer ICT - Diplomarbeit „Leichtbau in der Automobilindustrie unter besonderer Betrachtung des Schaumspritzgießens“ von Hrn. Wolfgang Schuler; Hochschule Mittweida University of Applied Sciences
  • Buch: „Spritzgießen für Praktiker“* von Christoph Jaroschek, Hanser Verlag, 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. 06/2013
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